Die Entwicklung des Hundes

(nach Eberhard Trummler)

Im Folgenden haben wir Dir die Entwicklungsabschnitte des Hundes nach Eberhard Trummler zusammengestellt. Manch einer wird seine Versäumnisse erkennen, wieder einer wird sich Vorsätze fassen und der nächste vielleicht nur schmunzeln…
Wir können aber feststellen das die Entwicklung des Hundes RIESENSCHRITTE in sieben-Meilen-Stiefeln macht: Ein Hund entwickelt sich in ca. 3 Jahren zum Erwachsensein, ein Mensch braucht dafür 20.

Diese Zeilen verdeutlichen Dir, was Dein Hund vom Welpen zum adulten Tier erlebt und vor allem was Du beeinflussen könntest/solltest und müsstest:

Betrachtest Du die Entwicklungsabschnitte Deines Hundes genauer, wird Dir klar, warum eine gute Welpenprägung und Förderung unerlässlich ist. Zudem wird Dir verdeutlicht, dass und wann Du als Welpenbesitzer Weichen für das zukünftige Zusammenleben mit Deinem Hund stellen könntest/müsstest. Das Bild, dass der kleine Hund sich in seiner Welpenzeit von seinem Menschen und seiner Umwelt macht, verwurzelt sich tief in seinem Denken, Fühlen und Handeln.

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ZÜCHTER – VERANTWORTUNG:

1 – 2. Woche = vegetative Phase

Der Welpe nimmt seine Umwelt überwiegend durch Berührungs-, Wärme- und Geruchsreize wahr. Augen und Ohren sind noch geschlossen. („Bequatschen“ der Welpen also sinnlos). Sein Aktionsradius beschränkt sich auf die – ein “ U “ um ihn bildende Mutter. Entfernt man diese versucht der Welpe umgehend den Körperkontakt wieder herzustellen.

Instinktverhalten: Der Suchreflex und der Saugreflex sind eine erste Form von Jagdinstinkt. (Jagd auf Futter) Jammern ist die erste Form von Kommunikation (jammern und heulen heißt „Ich bin alleine“, „hilf mir“. Kontaktliegen ist zwar wichtig für die Wärmeregulierung, aber später werden das nur noch die rangniedrigen, die infantileren Tiere tun. Die dominanteren werden sich etwas auf Abstand legen.

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2. – 4. Woche = Übergangsphase

Die Augen öffnen sich und der Welpe nimmt vermehrt mit seiner Umwelt Kontakt auf. Wurfgeschwister und die unmittelbare Umgebung werden nun aktiv wahrgenommen. Er verlässt zwischendurch schon kurz die Wurfkiste.
In dieser Phase entwickelt sich der Schreckreflex ganz massiv. Das ist für das Überleben in der Natur sehr wichtig. Wenn sich ein Welpe erschreckt, dann möchte er so schnell als möglich wieder ins Dunkle, in die Höhle = Wurfkiste.
Züchter sollten in dieser Phase darauf achten, dass Welpen öfter mit plötzlichen Reizen konfrontiert werden.

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4. – 8. Woche = Prägungsphase

Augen, Nase und Ohren sind nun voll entwickelt. In dieser Zeit lernt der Welpe im Idealfall mit ganz unterschiedlichen Eindrücken (Menschen, Geräuschen, optischen Eindrücken etc.) umzugehen. Er nimmt sein Umfeld bewusst wahr und lernt seine Sozialpartner kennen. In dieser Zeit wird seine Persönlichkeit und sein Temperament geprägt. Hier entscheidet sich sein späteres Verhältnis zu Artgenossen, Menschen, Katzen usw. Liegen hier Defizite, etwa durch isolierte Aufzucht vor, kann man diese später kaum noch aufarbeiten.

Im Spiel mit seinen Wurfgeschwistern lernt er seinen sozialen Rang zu finden und sich und die anderen auszutesten. Jetzt wird auch die Koordination des Welpen besser, obwohl die Bewegungen noch sehr grob und tollpatschig sind. Die Mimik fängt jetzt an sich zu entwickeln. Der Welpe fängt an „Grimassen“ zu schneiden. In dieser Phase kann man beobachten, dass sich die Welpen gegenseitig beschnuppern. Sie fangen an, sich untereinander wahrzunehmen, außerdem zeigen die jetzt  erste Anfänge von Besitzverhalten.

Bei vernünftiger Prägung wird in dieser Phase ständig weniger Reflexverhalten gezeigt und die Instinktveranlagungsformen werden weiter entwickelt.
Das heißt, dass der Hund anfängt, mit seinen in den Erbanlagen verankerten Instinktverhaltensformen zu üben.
Es  ist in dieser Phase sehr wichtig, dass dem Welpen hier die Möglichkeit geboten wird, neue Erfahrungen zu machen. Neue Dinge zu fühlen (z.B. verschiedene Bodenbeläge), neue Gerüche zu entdecken und verschiedene Gegenstände ins Maul zu nehmen.
Der Welpe sollte jetzt auch die Möglichkeit haben, andere Menschen kennen zu lernen (z.B. anderes Geschlecht, andere Hautfarbe, junge und alte Menschen, Menschen mit einem verändertem Gangbild, etc.).
Auch Kontakt zu anderen Hunden ist jetzt wichtig, aber ohne das Muttertier.

Übernahme in die Familie und Beginn WELPEN-FÖRDERUNG

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8.- 12. Woche = Sozialisierungsphase 

Der Welpe beginnt, seine Umwelt zu entdecken und sich in die Rangordnung einzufügen. Alles was er jetzt lernt, lernt er sozusagen fürs Leben. Im Rudel wird der Welpe jetzt auch vom Vater-Rüden erzogen und genau diese Aufgabe müssen wir nun übernehmen. Ist der Welpe auch noch so süß…es ist in dieser Zeit absolut notwendig dem Welpen seine Grenzen aufzuzeigen und ihm die Regeln für das Leben in der modernen Gesellschaft zu vermitteln. Die große Neugier, Aufgeschlossenheit und Lernfähigkeit der Welpen sollten wir uns dabei unbedingt zu nutzen machen. Der Kontakt zu anderen Welpen, Menschen aber auch neuen Geräuschen, unterschiedlichen Bodenbelägen, anderen Tieren etc. ist unerlässlich. Diese Zeit ist also die wichtigste Zeit für uns und den Welpen. Alle in dieser Zeit, durch falsche Behandlung erfahrenen Unsicherheiten und Ängste sind nach dieser Phase kaum mehr rückgängig zu machen und wirken in der Hundeseele sein ganzes Leben nach.

Weite und Umfang der sozialen Partnerschaft zwischen Mensch und Hund werden eben jetzt in der Sozialisierungsphase unwiderruflich geprägt und wirken für alle weitere Zukunft auf fast alle Eigenschaften des Hundes ein.

Die vorgebliche »Wesensschwäche« so vieler Hunde beruht häufig genug auf Erziehungsfehlern in der Sozialisierungsphase, in der zumeist viel zuwenig mit dem Hund gespielt, dafür um so mehr »dressiert« oder gar ignoriert wird.

Diese Zeit ist sehr anstrengend für frischgebackene Welpenbesitzer (und auch für Trainer) und stellt auch enorme Ansprüche an Zeit, Wissen und Einsatz, – aber es lohnt sich!

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Zu unserem Thema Sozialverhalten/Begegnungen:

Der Welpe sollte hier auf KEINEN FALL die Erfahrung der Verselbständigung machen müssen, weder im Spiel noch im Alltag. Das Verhältnis und die Bindung zu seinem Mensch festigen sich hier. Lasst den Welpen nur nach Regeln und mit Kontaktmanagement unter Aufsicht spielen und ordnet sehr klar die Begegnungen. Schützt ihn und untersagt Mobbing.  Behaltet immer Kontakt zu eurem Hund – jederzeit sollte euch Kommunikation, Intervention, Einwirkung oder Anschluss möglich sein. Ein guter Trainer hilft euch beim Was Wann und Wie. So lernt der Hund von Anfang an, dass Begegnungen in eure Zuständigkeit fallen und er euren Entscheidungen trauen kann. Die Welpen sollten in einer Begegnung nicht den Freischuss zum Radau erhalten. – das nehmen sie sich nämlich für den Rest des Lebens mit!

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3 – 5. Monat = Rangordnungsphase

Der Welpe sucht seinen Rang im Umgang mit seinen Sozialpartnern. Entscheidend ist hier die psychische nicht die physische Stärke, also Souveränität, Intelligenz, Ruhe, Gelassenheit, Entscheidungsklarheit etc. und nicht Kraft. Hier werden die Weichen für eine erfolgreiche Eingliederung in die Familie gestellt. Der Hund nimmt seine Stellung in der Rangordnung ein. Der Rudelführer Mensch wird auf seine Führungsqualitäten geprüft. In dieser Phase ist es wichtig, dass der Welpe seine Grenzen kennt und vom Mensch klare Regeln erhält.

Der Mensch übergeht die Flegeleien, die in dieser Phase passieren, leider sehr oft mit Aussagen: „naja er ist halt noch so jung…“ oder „da geht halt noch sein Temperament mit ihm durch…“ Fakt ist, das ab ca. 12 Wochen klare Grenzen gesetzt werden müssen. Der Hund lernt in dieser Phase auch, wie es mit der Glaubwürdigkeit von Menschen bestellt ist: kann er manipulieren, ignorieren, umlenken oder sogar gegenhalten. Diese Feststellungen werden das zukünftige Zusammenleben beeinflussen. Alles was der Mensch an seinen Hund heran trägt, Begeisterung für Aufgaben, Fehlermeldungen und Lern-Einheiten, sollte bewusst, authentisch und möglichst lückenlos also mit Plan B und C im Hinterkopf, geschehen. Lücken die der Hund in dieser Zeit entdeckt, führen zu Nach- und Abfragen, zu innerer Unruhe und körperlicher Aufregung.

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ab dem 5. Monat = Rudelordnungsphase

Hier werden Wolfswelpen unter dem strengen Regime des Leitwolfes Ihren Aufgaben zugeführt. Hier findet sich der Zeitpunkt die bis dahin vielleicht versäumte oder eher locker gehaltene Erziehung in eine konsequente (= glaubwürdige) aber dennoch faire und hundgerechte Erziehung zu wandeln. Wichtig werden spätenstens hier „Teamprojekte“, also  Beschäftigung, Auslastung ein Förderprogramm, in das Energie und Geisteskraft fließen kann und das Mensch und Hund verbindet.

In diese Zeit fällt auch der Gebisswechsel des jungen Hundes, was z.B. im Spiel zu berücksichtigen ist. Er ist nun bestrebt, sich seine Position in der Familie zu suchen und auch schon zu festigen. Der Junghundbesitzer sollte seinem Heranwachsenden nun täglich deutlich vorleben,  dass die Stellung des Hundes die angepassteste im „Familienrudel“ ist. Damit stehen für den Hund klare Vorgaben im Raum, an die er sich anpassen kann, was er ja möchte und worauf sein Hundeprogramm auch ausgerichtet ist. Er wird sich nun besonders eng demjenigen anschließen, der für ihn den „Rudelführer“ symbolisiert. Dem er nicht nur vertraut, sondern dem er sich auch anvertrauen kann. Der Sicherheit ausstrahlt und Sicherheit verspricht und diese auch hält!

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7. Monat – ca. 12  (rasseabhängig) = Pubertät

Der Hund kommt jetzt in die Endphase der körperlichen und geistigen Entwicklung.
Der Rüde hebt (in der Regel) erstmalig sein Bein, die Hündin hat die erste Läufigkeit, es entsteht erstmalig ein Bewusstsein für Geschlechterrollen und Konkurrenz.  In dieser Phase erleben viele Junghund-Besitzer oft regelrechten „Trotz“ bei den Hunden und er scheint alles bereits erlernte einfach wieder „vergessen“ zu haben. Der Hund sieht jetzt schon fast aus wie ein erwachsener Hund und er merkt, dass auch seine Körperkraft gestiegen ist, was wiederum zu Rangordnungs-streitigkeiten / körperlichen Reibereien / Zuständigkeits-Klärungen  mit ranghöheren Tieren und Menschen führen kann.

Für die Erziehung des Hundes in einem Mensch-Hund Rudel bedeutet das: Vorbeugen, dass der Hund zu viel Eigeninitiative entwickelt. Was bereits mit 8 Wochen beginnt! Jetzt sollte nur stabilisiert werden, was man bisher im Zusammenleben mit dem Hund erreicht hat. Auf (körperliche) Rangordnungsstreitigkeiten sollte man sich nicht einlassen. Konsequent das erhalten, was man vorher aufgebaut hat, Geduld Spucke und den längeren Atem haben ist angesagt.

Die Heftigkeit des Abfragens in dieser Phase ist direkt davon abhängig, was man dem Hund vorher schon für ein Bild abgegeben hat: Konnte dieser schon immer mit dem Hundeführer „diskutieren“ wird die Pubertät zur Hölle. Hat der Hundebesitzer oft, klar und deutlich Akzeptanz seiner Ansagen eingefordert, wird die Pubertätsphase kaum zu merken sein.

Das Abfragen ist meist gar nicht als Dominanzanmaßung zu interpretieren, sondern vielmehr als Erfüllung des Sicherheitsbedürfnisses. Der junge Hund will einfach verbindlich wissen woran er ist. So schickt er z.B. bereits Gelerntes in die Testphase. Besteht der Bindungspartner, kehrt schnell wieder Ruhe ein und die Bindung festigt sich in gewünschte Richtung. Wird nicht bestanden, geht der Stress immer weiter, bis der Hund für sich (irgend-)eine Lösung findet, diese ist meist nicht im Sinne des Besitzer, sondern eine unerwünschte Verselbständigung die nun ins Erwachsenenalter übernommen wird.

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Übergang zum Erwachsenenalters ab dem 12. Monat

Das Erwachsenenalter beginnt beim Hund mit etwa 12 Monaten. Bei kleineren Rassen etwas früher und bei großen auch etwas später, da sie meist Spätentwickler sind.  Im psychischen Bereich dauert der Reifungsprozess allerdings bis zum 2. oder 3. Lebensjahr. Einige Instinkte sind dann auch erst voll ausgebildet. Seine Endgröße hat er mit 12 Monaten in der Regel schon erreicht, wobei bei größeren Rassen darauf zu achten ist, dass die Festigung des Knochengerüstes meist erst mit 18 Monaten und später zu Ende ist. Obwohl der Hund mittlerweile geschlechtsreif ist, sind einjährige Hunde immer noch mit Teenagern zu vergleichen.

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ab 2 Jahren (rasseabhängig) = Adoleszensphase

Diese beginnt von Rasse zu Rasse unterschiedlich mit ca. 2 Jahren. Der Hund ist dabei, erwachsen und selbstständig zu werden und würde nun vielleicht sein eigenes Rudel aufbauen.

Manche Hunde(-Rassen) bleiben gewünscht genetisch veranlagt, also so gezüchtet, in ihrer Kindheit stehen, wie zum Beispiel einige Retriever-Rassen. Für bestimmte Hunde(-rassen) wie z.B. Herdenschutzhunde, Hovawart, Berner Sennenhund, Gebrauchshunde, Terrier usw.  ist diese Phase wichtig und darf nicht unterschätz werden, da sich nun erst das volle Anlagen-Potential entfaltet. Territorial– Wach- Schutz- und Abgrenzungsverhalten „erwachen“ auf, was zu „plötzlichen“ Problemen führen kann.

Achtung:
In Wirklichkeit haben sich diese Probleme die ganze Zeit schon vorbereitet.
Der Hund ist nur inzwischen reif genug geworden auch umzusetzen, was er in all den „lustigen Spielen“ übte.